Montag, 17. Dezember 2018

Wie die Klage des flügellosen Vogels Mensch in die Welt kam



Wie die Klage des flügellosen Vogels Mensch in die Welt kam

Beginnen wir mit der Geschichte des flügellosen Vogels Mensch irgendwo. Es könnte am Anfang sein, ebenso wie am Ende, denn damals gab es keine Zeit. Zeit ist eine Erfindung.

Wir beginnen also einfach irgendwo.
Und dieses Irgendwo beginnt genau da, wo alles Suchen aufhört.
Jetzt, genau hier. Denn solange Suchen da ist, ist das Jetzt nicht zu finden. Das Jetzt versteckt sich nämlich geschickt vor Allen die da suchen.

Also, hört einfach auf damit, hört und seid still, ganz still.
Werdet zu Hörenden, damit ihr die Geschichte empfangen könnet. Damit ihr Gott empfangen könnt. Nada Brahma - Gott ist Klang.

Nada Brahma

In der Unendlichkeit des Klangs lebt ein Vogelwesen. Sein Körper ist aus gewebtem Licht, seine riesigen Schwingen schillern in den Farben des Regenbogens. In seinen leeren Augen spiegeln sich Himmel und Erde. Denn nichts anderes gibt es, nur Himmel und Erde, oben und unten. Kein daneben, kein dahinter und kein davor.
Nur oben und unten.
Eingebettet in Klängen.
In diesen Klängen tanzte der Vogel und schwang sich empor in den unendlichen Raum. Und da es keine Zeit gab, war das Vogelwesen immer gleichzeitig überall. Über All. Sein Lichtkörper breitete sich aus, seine regenbogenfarbenen Flügel schillerten grenzenlos.
Nichts anderes war notwendig als Tanz und Klang. Daraus bestand die ganze Welt. Tanz und Klang, Himmel und Erde.

Ja, und noch etwas Wundersames geschah. Aus Tanz und Klang wurde ein Kind der Liebe geboren. Und dieses Kind hatte einen Namen. Es hieß Gebet und sein Körper war ein Gewebe aus Liebe und Dankbarkeit. Und so kam das Bewusstsein in die Welt.
Gebet ist die höchste Form davon.
Ja, dieses lichte Vogelwesen hatte Bewusstsein und daraus entstand Liebe und Dankbarkeit, ganz von allein.

1 + 1 = 3
Das war die einzige mathematische Formel, die es in dieser Welt gab:
1 + 1 = 3
Tanz und Klang = Gebet
1 + 1 = 3


Dann passierte etwas Neues. Etwas das das Gleichgewicht von All-Eins-Sein empfindlich durcheinander brachte. Obwohl es nur eine winzig klitzekleine Feder war, die sich aus dem Lichtkleid des Vogelwesens löste und sanft zur Erde schwebte, veränderte sich auf einmal alles. Denn damit hatte die Zeit begonnen. Das Vogelwesen unterbrach sich in seinem Tanz und blickte erstaunt der nieder schwebenden Feder nach. Einen Augenblick nur empfand er diese winzig kleine Feder als getrennt von sich und die Zeit hatte begonnen zu existieren. Es gab plötzlich ein Vorher und ein Nachher. Der Vogel bemerkte diese Veränderung natürlich und er begann darüber nachzudenken. Und genau da, als er anfing nachzudenken hörte der Klang auf und sein Menschsein begann. Er war ein Vogelmensch geworden.

Dieser Zustand war ihm sehr unbekannt und erschreckte ihn zutiefst. Und so kam die Angst in die Welt. Der Vogelmensch wollte das Vorher unbedingt zurückhaben und er machte sich zur Aufgabe, die Feder zu suchen. Er wollte die Feder wiederhaben, damit der Urzustand wieder hergestellt würde. Und so kam auch die Hoffnung in die Welt.

Der Vogelmensch begann auf der Welt umherzuirren und zu suchen. Nun gab es nicht nur unten und oben, jetzt gab es auch links und rechts, vorne und hinten und noch viele andere Möglichkeiten. Und je mehr er suchte, desto mehr Möglichkeiten gab es.
Bei seinem Suchen und Umherirren geschah es, dass er mehr und mehr Federn aus seinem regenbogenfarbenen Gewand verlor. Alle Federn versammelten sich in dem Zwischenraum zwischen Himmel und Erde zu einem Regenbogen. Eine bunter Brückenbogen entstand, der an den Klang einer zeitlosen Zeit erinnert, an das was der Mensch wirklich ist, ein unendliches Wesen aus Licht.

Der Vogel Mensch war sehr schwer geworden vom vielen Suchen, schwer von Gedanken und Vorstellungen und er wurde unglücklich. Unglücklich, weil er vergaß sich zu erinnern, wer er wirklich war. Sehnsucht und tiefe Traurigkeit treiben ihn seitdem auf Erden ziellos umher. Und er beginnt sein Klagelied anzustimmen, weil er den Klang der Unendlichkeit vergaß. Und immer noch verliert er Federn, im Samsara, dem Weltenrad der Zeit.


Immer wenn ich eine Feder finde, hebe ich sie auf, gehe damit zum Regenbogen und singe und tanze, denn 1 + 1 = 3.

Und während ich tanze und singe, entdecke ich diese Zeitlosigkeit in mir, ganz tief in meinem Herzen. Ganz still kauert sie da und lächelt mich an.

Das ist die ganze wahre Geschichte.
Sie kann nicht verstanden werden.

Suprya Gina

Samstag, 8. Dezember 2018

Satsang-unterm-Dach am 15. Dezember 2018

 Deine unendlichen Gaben
empfange ich nur in diesen meinen
sehr kleinen Händen.
Zeitalter vergehen
und immer gießest du aus,
und immer ist Raum,
um erfüllt zu werden.
Tagore
Foto: SupryaGina