Sonntag, 2. September 2018

Schmerzensbaum






 Immer noch
wächst du still in mir,
ziehst schmal dich in die Höh´
treibst Blätter, Blüten, Früchte
dunkel, mitten drin in mir,
du Schmerzensbaum.

Und so kommt es vor
dass Früchte platzen
und giftig ihren Saft verströmen,
eindringlich mich befluten,
mir wehe tun
in meinem Innern
mich weinen machen
und an meinen Festen zerren
immer noch.

Schmerzensbaum in meinem Innern
wie tief sind deine Wurzeln,
wo kommst du her?
Wann hast du das erste Mal geblüht
das erste Mal mein Leid empfangen
und meine Tränen eingesogen?

Unaufhörlich reckst du dich empor
in mir
manchmal reifst du im Vergessen
Verborgen
und ich weiß nichts von dir
bis plötzlich scharfe Spitzen
in mich dringen
dich wecken
und aktivier´n.


Gar nichts ist passiert,
außen Lebensrauschen.
Ereignisse im Fluß und ohne Widerkehr.
Wäre nicht der Schmerzensbaum in mir.
Magisch zieht er seine Pfeile an,
greift sich aus den Lebensflüssen
so manches schwere Leid.

Und ich
grad eben noch in sanften Höhen gleitend
falle wie ein Stein zur Erde,
auf meine Knie
und halte weinend meinen Leib.

Im Schmerz ist kein Erkennen
alles Sehen nimmt es mit.
Alles Helle ist gebrochen
nur noch Nacht zieht dunkel
leis´ mich mit.

Und doch,
wenn neuer Morgen zaghaft lächelnd
und tröstend freundlich aus dem Dunkel schaut
kann ich nicht widersteh´n.
Ich geb mich in mein neues Leben.
Und kann auf einmal doch
den Schmerzensbaum in seinem Lichte seh´n.

Auch wenn ich niemals seine
Wurzeln fände
die weit, ganz weit
in ferne Welten geh´n.
Vermochte ich nicht
sie auszureißen
um niemals Schmerzen mehr zu seh´n.
Nie brächte ich es übers Herz
dem was gewachsen ist
zu schaden
und meine Axt zu heben.
Er hat mich auch getragen
und mich beschützt
saß oft in seinem Schatten,
wenn draußen Kriege tobten
und mein kleines Herz
voll Ängste war.
Der Schmerzbaum
mit tiefen tiefen Wurzeln
war immer für mich da.

Und nicht nur er,
auch ich war immer da,
immer wachend und beschützend
mein kleines Kind in mir.

Und auch wenn heute
Früchte platzen
mich überschwemmen
und Leid aus fernen Tagen
weh mein Gemüte überspült,
so weiß ich heute sicher
um die heile Kraft die immer tröstend
in mir blüht.

Es ist gut
du lieber Schmerzensbaum in mir.
Stehst auch nur in des Lebens Mächten.
Unschuldig unermüdlich wachsend
und vergehend,
so wie alles hier in hellen Tagen
und in dunklen Nächten.
©Suprya Gina 9/18
Foto: freistockfoto