Sonntag, 1. Juli 2018

FreiSchreiben

Texte von Unterwegs und Überall

Ich suche meine Brüder!

Ich suche meine Brüder,
nicht meiner Schwestern,
damit bin ich durch,
die habe ich gefunden -
durchlebt.
Schwestern habe ich genug.
 
Die Brüder sind dran.
Einer war gefunden
und ist wieder in
Zwischenwelten verschwunden.
Verloren gegangen.
Aber es gibt noch mehr davon,
in der ganzen Welt.
Nach ihnen halte ich Ausschau.
Will sie finden.
Wer sind diese Brüder?

Ich suche sie, weil sie mich wecken können.
Etwas schläft da noch in mir.
Die Rebellin, die Ungestüme,
sie will wieder los,
sich empor schwingen.
Reden, reden, querdenken, entlarven,
aufdecken, entwickeln, rumspinnen,
bauen
und alles wieder zusammen hauen,
vernichten
und von vorne beginnen
und lachen,
viel lachen.
Und weinen,
viel weinen.

Keinen Bock mehr haben
auf banale Gespräche
und BlaBla.
Weg damit.
Will die Welt zwischen den Worten
hin und her schieben.
Und im Reden hoch hinaus
weit über das All fliegen
und wieder in den Eingeweiden landen.

Berührt sein....
seltsam berührt sein.

Nur mit Brüdern kann man trinken
und weinen
und tanzen
und Schuhe verbrennen.

Mit Schwestern ist das anders.
Da schmilzt man im Herzen zusammen,
umarmt die Liebste, Schönste,
die Mama des Einen und Reinen,
die Hingabe, die Sanftheit.
Das Wachsen im Sein.

Das können Männer nicht so gut.

Dafür aber an Ecken und Kanten sägen
auf Tische hauen, spucken,
die Fäuste ballen
und Bier trinken.

Ja, ich will.
Will Bier trinken
im Stehen pinkeln
und die Tragödien der Welt
mit meinen Brüdern
in einem Schluck runterkippen.
Ich will eine mit dir rauchen
in der Küche
und nicht mehr auf den Balkon gehen.
Ich will Verbotenes tun,
will laut sein
und ungemach
ungeduldig und verlangend,
denn das ist die Liebe auch!

Sie will sich befreien
in allen Aspekten,
raus aus dem Palast,
sich frei schwingen
will endlich ihr Gesicht abwenden
von allzu schöner Gütigkeit.
Viel zu lange stand sie in der Sonne,
das Gesicht nun ausgeblichen,
fahl geworden.
Sie will ihre goldenen Ketten abwerfen,
die sie für Schmuck und Reichtum hielt
und die sie doch beschwerten.

Unter der Gutheit litt die Liebe
und vergraben unter dem eigenen Herze.
Fast erstickt.

Und bevor mein Lächeln zu einem Grinsen wird
will ich Leben trinken.
Verbrennt die Herzchen
und lasst uns derbe Lieder singen
und lasst uns lieben
die Abgründe und die Dunkelheit
Aufrecht sein in Allem
Stark und stolz
und voller Liebeskraft.

Wo sind meine Brüder?

©Suprya Gina 5/2014